NUMIS POST Einzelausgabe

gen. Daher sind Monetarmünzen eine heraus- ragende Quelle zur Erfassung Galliens als nach- antike, merowingische, aber noch nicht wirk- lich mittelalterliche Gesellschaft. Das gesamte Ensemble umfasst rund 1200 Monetarnamen und rund 600 Ortsnamen. Diese Vielfalt zeigt auf, dass es in merowingischer Zeit an einer Zentralgewalt mangelte und jede Civitas eige- ne Münzen herausgab. Noch im 7. Jahhundert waren die Civitas die politischen und wirt- schaftlichen Grundeinheiten Galliens und bil- deten zusammen den «Flickenteppich» der fränkischen Teilreiche. Im römischen Sinn han- delte es sich um Provinzen oder Verwaltungs- bezirke. Dieses unsichtbare «Römische Reich» überstand alle völkerwanderungszeitlichen Stürme und Reichsbildungen der Barbaren weitgehend unbeschadet. Diese politische Ord- nung von Kleinstaaten unter der umfassenden Klammer einer herrschenden Elite basierte auf sozialen Grundbedingungen: Egal, wer die Steuern eintrieb, ob Römer, Burgunder oder Franken, die Civitas erhielt sich selbst. Im Laufe des Frühmittelalters änderte sich der Charakter der Civitas zusehends. Die Hauptor- te wurden oft Bischofssitze, da sich die kirchli- che Hierarchie zunehmend an die staatlichen Strukturen anlehnte. Die Hauptfunktion der Monetarmünzen war die Erhebung von Abgaben. Die Ortsnamen ent- sprechen damit eher den Abgabeorten als den Prägeorten, wie landläufig vermutet wird. Das Münzsystem kennt weder Teilreiche noch das gesamte Frankenreich. Alle Civitas-Hauptorte, Hunderte von Pagus-Orten (Dörfer), Klöster, Kirchen, Häfen und andere Orte der Steuerer- hebung widmeten sich der Prägung von Mone- tarmünzen. Diese bilden damit die politische und wirtschaftliche Struktur Galliens im 7. Jahrhundert bestens ab: Je dichter die Münz- stätten, desto prosperierender die Region. Die Civitas wirkten als römisch-romanisches Erbe noch weit ins Mittelalter hinein, wenn auch in gewandelter Form. Die Steuereintreibung blieb unter den Merowingern bis zu den Karo- lingern in der Kontinuität zur Antike bestehen. Die Zahl von sieben merowingischen Münzor- ten in der Schweiz bleibt überschaubar. Deren Konzentration auf die westliche Schweiz ist au- genfällig und lässt sich damit erklären, dass diese Gebiete Teil des Königreichs Burgund und später des Frankenreichs unter den Mero- wingern waren. Die Münzorte gehen aus nach- stehender Karte hervor (Abbildung nächste Sei- te oben). Das Bistum Martigny verlegte seinen Sitz wäh- rend der Langobarden-Einfälle um 574 nach Sitten. Die Verlegungen von Avenches nach Lausanne und von Windisch nach Basel müssen in Zusammenhang mit der alemanni- schen Landnahme gesehen werden. Die Aare bildete die Grenze zwischen den sich entwi- ckelnden Bistümern Lausanne und Konstanz. Diese Linie markierte im Hochmittelalter dann auch die Grenze zwischen dem alemannischen Kulturkreis (Brakteaten-Zone) und dem roma- nischen Kulturkreis (Denar-Zone). A K T U E L L 10 NUMIS-POST 5/19 BERNA 2019 Triens aus der Münzstätte Amboise (AMBACIA) un- ter dem Monetar RICISILVS (1,12 g)

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